Das Landkärtchen - Insekt des Jahres 2023

Die große Brennnessel - die meisten Menschen spüren schon bei der Erwähnung ihres Namens ein unangenehmes Brennen auf der Haut und fürchten den direkten Körperkontakt. Andere ernten das wehrhafte Wildkraut und schätzen seine gesundheitsfördernde Wirkung in Tees, Smoothies und Salaten. Aber kaum jemand weiß, dass die Große Brennnessel mehr als 30 Schmetterlingsraupen als Nahrungsquelle dient. Eine von ihnen ist die Raupe des Landkärtchen Falters, Insekt des Jahres 2023.

Der attraktive Tagfalter trägt seinen Namen zurecht. Auf der Flügelunterseite präsentiert er ein Muster, dass an die Zeichnung einer Landkarte erinnert. Sitzt der kleine Schmetterling mit angeklappten Flügeln ruhend auf einer Pflanze, sind die hellen Linien gut zu erkennen. Doch damit nicht genug. Das Landkärtchen ist wandelbar und verändert sogar sein Äußeres. Während die frisch geschlüpften Frühjahrsfalter in kräftigem Orange und schwarzweißer Musterung um die Wette leuchten, sind die im Sommer geschlüpften deutlich dunkler gefärbt. Tageslichtlänge und Temperatur beeinflussen die Entwicklung des Schmetterlings. Ist es noch kalt und früh dunkel, entwickeln sich aus der Wintergeneration helle Falter, ist es warm und lange hell, schlüpfen in zweiter Generation dunkle Exemplare. Des Landkärtchens neue Kleider, eine Besonderheit in der Falterwelt. Und noch etwas ist einzigartig: Der kleine Schmetterling baut Türme. Wenn das Weibchen seine Eier an die Unterseite der Brennnessel heftet, wird es zur Künstlerin. Zehn bis zwanzig Eier vertikal aneinandergereiht und das umgedrehte Türmchen ist gebaut. Eins neben dem anderen. Nicht jede Brennnessel eignet sich als Kinderstube, feucht und schattig muss sie stehen, damit sich die Raupen bei hoher Luftfeuchtigkeit entwickeln können. Wer das Landkärtchen sucht, findet es in Pflanzensäumen feuchter Wälder, an vegetationsreichen Flussufern und Bächen sowie in Mooren.

Die Gesellschaft für Schmetterlingsschutz hat nach den Trockensommern 2018 - 2020 festgestellt, dass die Bestände des Landkärtchen Falters stark eingebrochen sind. Dass belegen die Ergebnisse des bundesweiten Monitorings, an dem auch die Naturwacht im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe beteiligt ist. Von April bis September erfassen die Rangerinnen Marion Korsch und Ricarda Rath Tagfalter in ausgewählten Lebensräumen. Auch die Naturwächterinnen bestätigen den Rückgang. Landkärtchen bevorzugen strukturreiche Lebensräume, die in der weiträumigen und intensiven Landbewirtschaftung immer seltenerer werden. Damit steht es beispielhaft für viele Insektengruppen und wird hoffentlich viele Menschen für den Schutz von Insekten sensibilisieren. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Brennnesselecke im Garten? Neben Landkärtchen, Tagpfauenaugen, Admiralfaltern und dem Nesselfalter Kleiner Fuchs, leben auch Käfer, Spinnen und Wanzen auf den Blättern der Brennnessel. Ein reichhaltig gedeckter Tisch für Gartenvögel. Artenvielfalt ist eben Lebensqualität, auch die des Menschen.

Hintergrund Insekt des Jahres
Das Insekt des Jahres wird seit 1999 von einem ausgewählten Kuratorium aus Experten gewählt. Koordiniert vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg. Ziel ist es, der breiten Öffentlichkeit verschiedene Insektengruppen und ihre interessanten und für den Menschen nützlichen Eigenschaften vorzustellen. Das sind zum einen völlig unbekannte Arten wie die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege 2022, zum anderen so attraktive wie das Landkärtchen in diesem Jahr. Nach dem Silbergrünen Bläuling und dem Zitronenfalter, wurde im 25. Jubiläumsjahr wieder ein Tagfalter gekürt.

 

Hintergrund Naturwacht Brandenburg
Die Rangerinnen und Ranger der Naturwacht Brandenburg arbeiten seit 1991 in den 15 Nationalen Naturlandschaften (Großschutzgebieten) des Landes als Mittler*innen zwischen Mensch und Natur. Auf rund 9.000 Quadratkilometern – einem Drittel der Landesfläche – sind sie unterwegs und erfassen Daten zu Tier- und Pflanzenbeständen, Grundwasserspiegeln sowie zur Qualität von Gewässern. Sie setzen im Nationalpark, den drei Biosphärenreservaten und den elf Naturparken zahlreiche Natur- und Artenschutzmaßnahmen um und kontrollieren deren Erfolg.

Gleichzeitig sind die 87 Rangerinnen und Ranger ansprechbar für alle, die in den Nationalen Naturlandschaften leben, arbeiten oder zu Gast sind. Sie begleiten jährlich rund 10.000 Interessierte auf mehr als 500 geführten Touren, teilen ihr Wissen und sensibilisieren für richtiges Verhalten in den Schutzgebieten. Damit stärken sie auch den Naturtourismus in der Region. Ein weiteres Arbeitsfeld ist die Bildung für Nachthaltige Entwicklung, BNE: In ihrer Arbeit mit Junior-Ranger-Gruppen oder in Schul-AGs weckt die Naturwacht Interesse an Themen rund um die Nachhaltigkeit und motiviert und befähigt die Kinder, selbst aktiv zu werden.

Rund 350 Freiwillige unterstützen die Naturwacht Brandenburg bei diesen vielfältig Aufgaben. Seit 1997 arbeitet die Naturwacht unter dem Dach der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg. Mehr Informationen unter: www.naturwacht.de  

Gebiet

  • Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe

Meldung vom 02.03.2023