Leben mit Schwalben
Warum Schwalben ein wichtiger Teil unserer Baukultur sind und wir für ihren Fortbestand aktiv werden müssen.
Stellen wir uns Baukultur als ein großes Haus mit einem bunten Garten in einer einladenden Landschaft vor. Wir als Gesellschaft sind die Bewohner*innen des Hauses, die Gärtner*innen des Gartens und die Bewirtschafter*innen der Landschaft. Wir haben es in der Hand, das Haus – welches unsere Vorfahren erbauten – zu pflegen und zu erhalten. Wir haben es in der Hand den Garten als einen Ort der bunten Vielfalt erblühen zu lassen und die Landschaft so zu bewirtschaften, auf dass sie auch unsere Kinder und Enkel ernährt. In diesem Wirken sollten wir uns als ein Teil einer Gemeinschaft verstehen, die nicht nur aus uns Menschen besteht, sondern aus einem ganzen Netz von schier unzählbaren Lebewesen. Ohne dieses Netz können wir nicht existieren. Es ernährt uns und gibt uns einen Raum zum Leben.
Dieses Sinnbild verdeutlicht, dass Baukultur nicht isoliert im Raum steht als abstrakter Begriff, sondern mit den unterschiedlichsten Bereichen von Leben, Kultur, Natur und Landschaft verknüpft ist. Eine solche enge Verknüpfung besteht zwischen Baukultur und biologischer Vielfalt. Denn sehr viele Arten sind als sogenannte „Kulturfolger“ dem Menschen im Prozess der Sesshaftwerdung über Jahrtausende gefolgt und besiedeln Wiesen, Felder, Siedlungen. In Nestern auf Dächern, an Wänden, in Schuppen und Scheunen sind sie dem Menschen besonders nah. Nicht nur in der räumlichen Dimension. So gelten Schwalben vielerorts als Glücksboten, deren Anwesenheit Sonne, Wärme und Freude mit sich bringt. In der Literatur hat diese Vogelart stets eine positive Bedeutung. In Hans Christian Andersens Märchen „Däumelinchen“ ist es eine Schwalbe, die als Fluchthelferin in ein warmes Land herüberrettet.
Die Kulturgeschichte des Siedelns und Bauens ist ganz offensichtlich eng verbunden mit der Naturgeschichte der kulturfolgenden Arten. Aus dieser Vernetzung ergibt sich eine Verpflichtung für deren Schutz. Kulturfolger können nicht einfach zurück in ihre ursprünglichen Lebensräume. Oft existieren diese überhaupt nicht mehr und wurden ersetzt durch Siedlungen und die menschengeprägte Agrarlandschaft.
Für den Charaktervogel Schwalbe und alle siedlungsnahen Tier- und Pflanzenarten bedeutet das: Wir müssen den Schutz und die Entwicklung regionaltypischer Baukultur zusammen mit dem Schutz biologischer Vielfalt denken. Im Falle der Schwalben müssen wir schnell handeln, denn es geht ihr nicht gut. Die Bestände von Mehl- und Rauchschwalbe schrumpfen seit Jahren. Nur noch selten sind große Gruppen zwitschernder Schwalben auf Freileitungen zu erleben. Zum einen wird die Nahrung knapp – durch das allgemeine Insektensterben – und zum anderen die Brutmöglichkeiten. Aus Angst vor „Schwalbendreck“ werden Gebäude versiegelt, Einflugmöglichkeiten geschlossen und Schwalbennester entfernt. Obwohl Letzteres eine Straftat darstellt (§44 Bundesnaturschutzgesetz), gehört es nach wie vor zur gängigen Praxis.
Damit Schwalbe & Co als Teil unseres (bau)kulturellen Erbes erhalten bleibt können wir ganz konkret etwas tun.
An Gebäuden:
Öffnungen bewahren (für Rauchschwalben)
Nestgrundlagen bereitstellen – z.B. Brettchen mit Kaninchendraht in mindestens 2,5 m Höhe geschützt an Gebäuden unter Dachüberständen (für Mehlschwalben)
Kotbrettchen gegen den „Schwalbendreck“ 60 cm unter den Nestern anbringen
Im Garten:
Lehmpfützen anlegen, damit Schwalben Nestbaumaterial finden
Gärten der Vielfalt wachsen lassen – ein naturnaher, bunter und artenreicher Garten lockt Insekten an und hilft Schwalben Nahrung zu finden.
Tipp: Auszeichnung für schwalbenfreundliche Häuser
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) zeichnet schwalbenfreundliche Häuser mit einer Plakette aus und macht somit auf positive Beispiele aufmerksam. Einfach über dieses Online-Formular für die Auszeichnung bewerben: Projekt schwalbenfreundliches Haus
Im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe / Landkreis Prignitz wird die Auszeichnung vom Team des NABU-Besucherzentrums Rühstädt Kontakt vorgenommen.
Gebiet
- Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe
Meldung vom 07.05.2020