Wasser oder nichts! Dialogforum zu Naturschutz und Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels

In den letzten Jahren ist die Wasserverfügbarkeit in der Landschaft kontinuierlich gesunken, und aktuelle Klimaprognosen deuten darauf hin, dass dieses Problem in Zukunft noch gravierender wird. Dies stellt sowohl die Landwirtschaft als auch den Naturschutz vor immer größere Herausforderungen. Trotz des oft schwierigen Verhältnisses zwischen Naturschutz und Landnutzung wäre hier ein gemeinsames Vorgehen für beide Seiten von Vorteil.

Am 19. Juni fand daher im Besucherzentrum Rühstädt das Dialogforum „Wasser oder nichts! Landwirtschaft und Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ statt. Nach der Begrüßung durch Björn Ellner, Vorsitzender des NABU Brandenburg, begannen inhaltliche Vorträge aus den Bereichen Naturschutz, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft. Anschließend wurden an vier Thementischen zu den Themen Biosphäre, Wasserwirtschaft, Flächeneigentümer & Bewirtschaftende sowie Landesniedrigwasserkonzept mögliche Lösungen diskutiert, bevor das Forum mit einer Podiumsdiskussion abgeschlossen wurde.

Die Biologin Dr. Krista Dziewiaty vom Projektbüro Dziewiaty & Bernardy berichtete über die Bestandsentwicklungen bei Wiesenvögeln und legte dar, dass viele Arten einen starken Rückgang aufweisen. Zu den Gründen dafür gehört, dass das notwendige Habitat mit Blänken nur noch selten vorhanden ist und Bruten im Ersatzlebensraum Acker stark auf menschliche Unterstützung angewiesen sind. Dr. Dziewiaty zeigte mehrere mögliche Maßnahmen zum Schutz von Wiesenvögeln auf. Eine bessere Koordination mit Landnutzern und eine ausreichende Honorierung bei Mehrausgaben und entgangenen Gewinnen seien notwendig. Weitere Maßnahmen wären die Wiedervernässung und der Erhalt von Feuchtgrünland.

Dirk Glaeser, Leiter der APG Abbendorf, sprach über die Herausforderungen der Trockenheit und die Umsetzung von Maßnahmen zur Wiedervernässung für seinen und andere Betriebe in der Region. Er erläuterte, dass bei Wiedervernässungsmaßnahmen Landnutzer gegenüber den Landeigentümern haftbar sind, was das längerfristige Überstauen gepachteter Flächen erschwert.

Wolf Raber vom Ingenieurbüro DMT, Leiter des Projekts zur Umsetzung des Landesniedrigwasserkonzepts Brandenburg, berichtete über die Herausforderungen, die sich aus den Prognosen der Klimawissenschaft ergeben, und mögliche Lösungen im Rahmen des Landesniedrigwasserkonzepts. Er hob hervor, dass die Wasserverfügbarkeit in der Landschaft durch die Verschiebung der Niederschläge in Winter und Frühling stark abnimmt, mit negativen Folgen für die Flächennutzer. Auf Hochflächen macht sich der Wassermangel durch anhaltende Trockenheit bemerkbar, auf Niederungsflächen eher durch stärkere Schwankungen in der Wasserverfügbarkeit. Als Maßnahmen nannte er erhöhte Stauziele an Stauen und die Nutzung von Speichermöglichkeiten in Oberflächengewässern, um mehr Wasser in der Landschaft zu halten.

In den Diskussionen an den Thementischen wurden die Herausforderungen und Konflikte möglicher Lösungen intensiv diskutiert. Der Thementisch „Landesniedrigwasserkonzept“ sah in der Nutzung von Wald als Retentionsraum eine geeignete Maßnahme. Zudem wurde eine bessere Wartung und Instandsetzung defekter Stauanlagen und der Anschluss von Altarmen als sinnvoll erachtet, um mehr Wasser in der Landschaft zu halten. Als Maßnahme für Gemeinden und Städte schlug die Gruppe mehr Baumschutz und den Verzicht auf weitere Versiegelung vor.

Am Thementisch „Flächeneigentümer und Bewirtschaftende“ wurde geraten, das Wassernetz vom Hoch- ins Flachland zu denken, also dem Fluss des Wassers durch die Landschaft zu folgen. Konkretere Maßnahmenvorschläge waren, die Meliorationssysteme zu überprüfen, Stauziele anzupassen und bei Planungen das gesamte Wassersystem zu betrachten. Um mehr Wasser zu binden, wurde vorgeschlagen, Wälder so zu strukturieren, dass sie Feuchte und Wasser besser halten. An diesem Tisch sah man in Agroforstsystemen eine vielversprechende Lösung und äußerte den Wunsch nach Informationen und Förderung, um diese auf Flächen umzusetzen. Weiter schlugen die Anwesenden vor, Erfolge anstelle oder zusätzlich zu Maßnahmen zu fördern und Versuche zu besserem Wasserrückhalt zu unterstützen und für eventuell betroffene Landnutzer Alternativflächen zu suchen und vertraglich zu sichern. Zudem wurde die Forderung nach besserer Kommunikation von Bedürfnissen und mehr Informationen für Landnutzer laut.

Am Thementisch „Biosphäre“ wurde vorgeschlagen, das Wasser einerseits schon an den Quellen zu stauen und andererseits zusätzliche Staue zu errichten, um das Wasser aus den Winterniederschlägen zu halten. Als weitere mögliche Maßnahmen wurden genannt, durch (teilweisen) Rückbau der Melioration landwirtschaftliche Flächen wieder zu vernässen und aktiv Wasser in Flächen zu leiten. Hierbei war es der Gruppe wichtig zu betonen, dass ein Ausgleich für Landnutzer und -besitzer zu schaffen sei und der Wasser- und Bodenverband als Partner bei der Sanierung von Stauen hinzuzuziehen sei. Auch an diesem Tisch wünschte man sich eine Anpassung der Förderprogramme und bessere Kommunikation und Informationen für Landnutzer.

Am Thementisch „Lokale Wasserwirtschaft“ sah man eine bessere Bewirtschaftung, einschließlich der Sanierung der Stauanlagen, als eine zentrale Maßnahme. Auch hier wurde gefordert, die Niederschläge aus dem Winter für den Sommer zu halten. Weiter wurde vorgeschlagen, die aktuellen Stauziele zu überdenken sowie Wasser aus der Havel in die Karthane überzuleiten.

Nach weiteren Gesprächen während einer Kaffeepause mit selbst gebackenem Kuchen wurden die Ergebnisse der Diskussionen zusammengetragen. Es ergab sich, dass viele Themen an mehreren Tischen eine Rolle spielten. An allen Tischen war es ein Anliegen, die bestehenden, aber teils defekten Staue instand zu setzen. Viele Teilnehmende schlugen vor, die Agrarförderungen anders zu gestalten sowie Ausgleich, Entschädigungen oder Alternativflächen für Betroffene zu schaffen, um die Umsetzung neuer Maßnahmen zu ermöglichen. Wald als Wasserspeicher wurde in zwei Gruppen als eine Möglichkeit gesehen. Zwei Gruppen wünschten sich eine bessere Kommunikation und mehr Informationen für Landnutzer.

Abschließend kam man zu dem Schluss, dass weitere Gespräche notwendig sind. Eine Serie von Treffen wurde vorgeschlagen, jedoch auch betont, dass es wichtig ist, „vom Reden ins Handeln“ zu kommen. Ein Folgetreffen – organisiert von der Verwaltung des Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe-Brandenburg – wurde für November vereinbart. Eine Veranstaltung zum Thema Wald im Rahmen des Landesniedrigwasserkonzepts wurde angekündigt. Zudem wurde vorgeschlagen, gute Beispiele auch außerhalb der Prignitz zu besuchen, um aus ihnen zu lernen.

Der BUND auf Burg Lenzen schlug vor, ein Modellprojekt mit Fokus auf das Karthanegebiet anzustoßen und zusammen mit der Verwaltung des Biosphärenreservats einen Antrag vorzubereiten. Aufgrund des großen Interesses an Agroforst als Maßnahme gegen Wassermangel wurde zum nächsten Dialogforum im Besucherzentrum Rühstädt am 18. September 2024, 11-15 Uhr, zum Thema Agroforst eingeladen.

Der Autor Jonathan Kunkel ist Mitarbeiter im NABU-Besucherzentrum in Rühstädt.

 

Gebiet

  • Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe

Meldung vom 21.06.2024