Die Tellerschnecke in der Elbtalaue

Der graduierte Philosoph Tom Woweries absolvierte im Spätsommer bis in den frühen Herbst ein freiwilliges Praktikum in der Verwaltung des Biosphärenreservates Flusslandschaft Elbe-Brandenburg mit Unterstützung der Naturwacht des Landes Brandenburg. Dabei widmete sich vornehmlich der Aufgabe, die Bestandssituation und die begleitende Molluskenfauna der FFH-Art Zierliche Tellerschnecke (Anisus vorticulus) in den zahlreichen Gewässern im Elbdeichhinterland bei Rühstädt zu bewerten.

Diese Schneckenart gilt in Europa als vom Aussterben bedroht und wird in den Anhängen II und IV der Flora-Fauna-Habitatrichtlinien geführt. Damit ist sie eine „streng geschützte“ Tierart „von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“. Allerdings ist über ihre Verbreitung und ihren Lebensraum noch immer wenig bekannt. Um den Kenntnisstand über die Population in der Elbregion zu vertiefen, wurde durch das Landesamt für Umwelt bereits im Jahr 2019 ein Gutachten für einen Teilbereich in der Lenzer Wische beauftragt. Im Ergebnis wurden durch die Autoren überraschend hohe Populationsdichten der Zierlichen Tellerschnecke nachgewiesen. Zusätzlich konnte der Kenntnisstand über die Habitatpräferenzen der Art konkretisiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. So wurde beispielsweise ein grobes Screening geeigneter Habitate in der gesamten brandenburgischen Elbaue empfohlen.

Dieser Empfehlung folgend hat Tom Woweries 15 verschiedene Gräben aufgesucht und mit Hilfe eines Siebkeschers insgesamt 35 Proben gesammelt. Nachweise der „Zierlichen Tellerschnecke“ sind nach aktuellem Kenntnisstand in unbeschatteten, fließenden und klares Wasser führenden Gräben mit vielfältigen Vegetationsbeständen wahrscheinlich. In solchen Gewässern sitzen die Tiere dann vorzugsweise auf flottierenden oder untergetauchten Wasserpflanzen wie zum Beispiel Wasserlinsen oder Laichkräutern. Dort ernähren sie sich bevorzugt von dem aufsitzenden Algenfilm. Aus diesem Grund wurde für die Exploration auch gezielt die Wasservegetation an den Probestellen mittels eines kleinen Handkeschers abgekeschert. Die schließlich über mehrere Arbeitsschritte gewonnenen Proben wurden im Verwaltungsgebäude des Biosphärenreservats analysiert. Die „Zierliche Tellerschnecke“ ist mit einem Gehäusedurchmesser von 4-5 Millimeter nicht nur sehr klein und damit unscheinbar, sondern zusätzlich auch leicht zu verwechseln mit ihrer Schwesternart der „Scharfen Tellerschnecke“ (Anisus vortex). Daher wurden alle gefundenen Tellerschneckenexemplare unter einem Binokular nach gehäusemorphologischen Merkmalen untersucht, um sie bis auf Artniveaubestimmen zu können. Im Anschluss wurden die gefundenen Individuen ausgezählt.

Von den 15 untersuchten Gräben waren es letztlich zwei, in denen das Vorkommen der „Zierlichen Tellerschnecke“ nachgewiesen werden konnte. Da die Art unter strengem Artenschutz steht, sind weitere Kartierungen elbnaher Gebiete nach dieser Methode geplant. Perspektivisch sollen vertiefende Untersuchungen an ausgewählten Standorten durchgeführt werden, um final artspezifische und vor allem wirksame Managementempfehlungen ableiten zu können.

 

Gebiet

  • Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe

Meldung vom 09.11.2020